Interview mit Heike, THW

„Alle Achtung!”

Kurze Vorstellung bitte: Wer sind Sie und was machen Sie? 

Ich bin Heike, 60 Jahre alt und arbeite als Angestellte im öffentlichen Dienst beim Landkreis. Dabei habe ich immer schon ein bisschen mit dem Katastrophenschutz zu tun gehabt. Vor sechs, sieben Jahren wurde mir klar, dass ich gerne ehrenamtlich arbeiten will, wusste aber erst noch nicht so richtig, was ich machen sollte.

Beim Technischen Hilfswerk (THW) bin ich als Verwaltungsbeauftragte tätig. Normalerweise bräuchte man dafür keine THW-Grundausbildung. Aber ich habe schnell für mich festgestellt, dass ich auch für meine Aufgaben in der Verwaltung wissen möchte, was hinter der Arbeit der Ehrenamtlichen steckt. Deshalb habe ich die komplette Ausbildung durchlaufen und am Ende die Prüfung abgeschlossen. Heute bin ich auch im Zugtrupp. Das heißt, dass auch ich in Katastrophensituationen mit rausfahre, Einsätze koordiniere, den Überblick behalte, Meldungen abgebe und so weiter.

 

Wie sind Sie zum THW gekommen und warum?  

Meine damalige Auszubildende hat mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, beim THW anzufangen. Ich kannte das THW nur von früher, vom Wehrersatzdienst. Alternativ zur Bundeswehr, konnte man sich dort verpflichten. Ich hatte nicht auf dem Schirm, dass ich auch als älterer Mensch dort noch ehrenamtlich einsteigen könnte. Für meine Auszubildende war das viel naheliegender, sie meinte: „Wir brauchen so jemanden wie dich mit deinem Wissen über Katastrophenschutz.“ Nachdem ich reingeschnuppert hatte und mir das sehr viel Spaß gemacht hat, war klar für mich, dass ich beim THW bleiben will.

 

Kurz und knapp: Was sind die (drei) Hauptqualifikationen, die Sie aus Ihrer Ausbildung mitgenommen haben?  

Vor allem Flexibilität. Außerdem habe ich gelernt, reflektieren zu können, was in dem Moment wichtig ist. Bei Einsätzen hat man keine Zeit, lange zu überlegen, und muss sich sofort fokussieren.

Welche drei Eigenschaften sollte jemand mitbringen, die oder der Ehrenamtliche oder Ehrenamtlicher beim THW werden möchte? 

Mir hilft, dass ich objektiv bin und dass ich eine gewisse Empathie mitbringe. Und ich kann zielgerichtet handeln. Wichtig ist aber auch eine gewisse „Self-Care“, dass man also auf sich aufpasst. Man kann sich nicht komplett aufopfern und muss auch Grenzen ziehen. Man hat auch noch ein ganz normales Privatleben, einen Job – und Luft holen will man ja auch noch mal.

 

Was finden Sie an Ihrer Tätigkeit toll? 

Dass ich im entscheidenden Moment nicht am Rand stehe, sondern helfen kann. Gerade bei Großeinsätzen wie bei einem Waldbrand oder bei Hochwasser schützt man Mitmenschen und bekommt wahnsinnig viel zurück. Die Menschen sind sehr dankbar.

 

Was macht eine gute Ehrenamtliche bzw. einen guten Ehrenamtlichen beim THW aus?  

Zum einen muss man mit Spaß dabei sein. Außerdem sollte man auch in herausfordernden Situationen eine gewisse Kompetenz und Ruhe ausstrahlen können. Das Schlimmste ist, wenn jemand in Panik gerät oder Hektik verbreitet. Es gilt, im Einsatz Ruhe zu bewahren, Einsatzstrukturen einzuhalten und eine gewisse Lockerheit vermitteln zu können.

 

Einsatzkräfte werden leider immer wieder angegriffen, körperlich und mit Worten. Was haben Sie erlebt? 

Als wir vergangenes Jahr zu einem Großbrand ausgerückt sind und geholfen haben, standen wir direkt im Zentrum der Stadt. Dort kam es zu Provokationen, man hat versucht, uns nachts aus der Reserve zu locken, denn dort gegenüber wurde an einem Supermarkt randaliert. Aber dass wir jetzt selbst in irgendeiner Art und Weise direkt angegriffen worden sind, das ist noch nie passiert, also mir selbst noch nicht. Was einem manchmal begegnet, ist dieses Unverständnis von Bürgerinnen und Bürgern. Warum kann ich jetzt nicht rein? Warum ist hier abgesperrt? Dieses Verbale, dieses Unverständnis, dieser Egoismus, der dann rauskommt. Dieses „Ich habe keine Zeit, ich muss hier durch“, und dann bringen sie sich dadurch teilweise selbst in Gefahr, weil sie zu nah an den Einsatzort kommen. Das sehen die nicht!

 

Einsätze werden auch anderweitig immer wieder gestört. Haben sich aus diesen Störungen Konsequenzen für Betroffene (Unfallopfer etc.) ergeben? 

So was hat man maximal auf Zufahrtswegen, dass Bürgerinnen und Bürger meinen, sie müssten genau da herfahren und Einsatzfahrzeuge behindern. Das passiert und das wird man auch niemals ganz stoppen können. Aber dadurch ist es bisher noch nicht zu einer brenzligen Situation gekommen. Aber unsere THW-Truppe hat noch mal einen Vorteil, weil wir hier auf dem Land sind. Ich denke, das ist in der Großstadt noch mal was anderes.

 

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie bei einem Einsatz körperlich oder verbal angegriffen werden? 

Körperlich angegriffen wurde ich noch nicht. Das Gefühl, das aufkommt, wenn sich Menschen egoistisch verhalten, ist Unverständnis. Bei mir kommt dann so ein „Tja, ich mache trotzdem weiter“. Ich glaube, so was ist ein Typ-Ding. Ich denke mir dabei „Hey, du bist unterm Strich die- oder derjenige, die oder der meine Hilfe braucht“. Das hört sich jetzt vielleicht ein wenig arrogant an, aber ich stehe darüber. Ich ärgere mich zwar einen kurzen Moment, aber unterm Strich stehe ich darüber und sage einfach „Hey, ich mache es für dich und nicht andersherum“. Das hilft.

 

Was müsste passieren, damit solche Störungen bei Einsätzen nicht mehr vorkommen? 

Letztendlich müsste jeder Mensch wieder begreifen, dass wir eine Gesamtheit sind und Egoismus fehl am Platz ist. Es ist die Gemeinschaft, die zählt. Nur leider sieht man in allen Bereichen aktuell, dass sich der Ellbogen durchsetzt. Insbesondere nach der Corona-Krise.

Ganz praktisch: Was hilft Ihnen, damit Sie anderen helfen können? 

Der Rückhalt und das Verständnis des Gros der Menschen. Nach Einsätzen wie zum Beispiel einem Waldbrand merke ich, wie glücklich die Anwohnerinnen und Anwohner sind. Dann zu hören, wie gut es war, dass wir da waren, hilft. Es geht mir gar nicht um den Dank, sondern um dieses „Was hätten wir gemacht, wenn ihr nicht da gewesen wärt?“.

 

Warum ist Respekt gegenüber dem THW wichtig? 

Weil unsere Arbeit wichtig ist. Und vor allem diese Respektlosigkeit gegenüber der Polizei, den Rettungskräften und den Feuerwehrleuten finde ich persönlich ganz schlimm. Sie setzen sich ein, gefährden zum Teil ihre Gesundheit. Da frage ich mich, warum das nicht anerkannt wird.

 

Was würden Sie den Bürgerinnen und Bürgern in einem ruhigen Moment manchmal gerne sagen? 

Nehmt unsere Hilfe einfach an. Wir wissen, was wir in dem Moment machen müssen. Wir sind mit Sicherheit nicht unfehlbar, aber wir versuchen, das Beste in der Situation zu geben.

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