Interview mit Sabrina, Bundes­polizistin

„Alle Achtung!”

Wer sind Sie und was machen Sie?

Mein Name ist Sabrina, ich bin 42 Jahre alt und Polizeihauptkommissarin bei der Bundespolizei. Seit fast 20 Jahren bin ich am Flughafen in Frankfurt am Main tätig. Begonnen habe ich dort als Kontroll- und Streifenbeamtin, 2007 wurde ich vom Auswärtigen Amt an die Deutsche Botschaft in Ankara entsandt. Das war eine sehr aufregende Zeit. Nach meiner Rückkehr aus Ankara habe ich ein Kind bekommen und war dann sieben Jahre lang in der Pressestelle tätig. Seit 2017 bin ich stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte.

 

Wie sind Sie zur Bundespolizei gekommen und warum?

Mein beruflicher Werdegang ist relativ klassisch: Ich habe die Schule abgeschlossen, eine Ausbildung als Verwaltungsangestellte absolviert und mich dann bei der Bundespolizei um eine Ausbildung beworben. Während der Ausbildungszeit musste ich pendeln: Von Montag bis Freitag war ich in Eschwege, an den Wochenenden zu Hause. Nach der Ausbildung habe ich mich sofort um eine Versetzung in meine Nachbarstadt beworben. Warum ich genau diesen Job erlernen wollte? Für mich war es schon immer ein Traum, Polizistin zu sein.

 

Was sind die drei Hauptqualifikationen, die Sie aus der Ausbildung mitgenommen haben?

Das Einsatztraining, das Schießen und der Umgang mit den Einsatzmitteln sind für mich die wichtigsten Qualifikationen. Man muss aber auch ein Gespür dafür haben, was richtig und was falsch ist oder wie man in Notsituationen handelt. Natürlich ist es auch wichtig, jederzeit zu wissen, wie die rechtlichen Voraussetzungen in verschiedenen Situationen aussehen. Das hilft mir in brenzligen Situationen enorm.

 

Welche Eigenschaften sollte jemand mitbringen, die Bundespolizistin oder der Bundespolizist werden möchte?

Die für mich wichtigsten Eigenschaften sind Kommunikationsfähigkeit und Offenheit für alles, jede und jeden.

 

Was finden Sie an Ihrem Job toll?

Das Beste an meiner Arbeit ist, dass ich helfen und der Gesellschaft etwas zurückgeben kann. Ich möchte die Welt zu einem sichereren Ort machen. Das klingt vielleicht idealistisch, aber das ist meine Einstellung zu diesem Beruf. Außerdem ist die Bundespolizei ein sehr fortschrittlicher Arbeitgeber. Es gibt zum Beispiel diverse Arbeitszeitmodelle, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Das ist nur einer von vielen Pluspunkten.  

 

Was macht eine gute Bundespolizistin beziehungsweise einen guten Bundespolizisten aus?

Man sollte offen und mitfühlend sein und sich gut in andere hineinversetzen können. Man sollte ein Verständnis für die Situationen der unterschiedlichsten Personen aufbringen können. Auch der Wille zur persönlichen Weiterentwicklung ist wichtig.

 

Bundespolizistinnen und -polizisten sind häufig körperlichen und verbalen Übergriffen ausgesetzt. Was haben Sie bisher schon erlebt?

Leider gibt es sehr viele Momente, an die ich mich erinnern kann. Aber am nachhaltigsten ist mir ein Einsatz aus dem Jahr 2016 in Erinnerung geblieben, als ich beim Ministerrat der Europäischen Union war. Damals trafen sich die Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsstaaten in Hamburg. Dieses Treffen diente aus polizeilicher Sicht auch der Vorbereitung auf den G20-Gipfel, der genau ein Jahr später stattfand. Es gab ein riesiges Sicherheitsaufgebot, es gab gewalttätige Ausschreitungen und ich war am Bürgertelefon im Einsatz. Ich saß drei Tage lang am Telefon und war dem Leid verängstigter Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt, aber auch Beschimpfungen und Wut. Das zeigt: Wir haben es nicht nur mit physischer, sondern auch mit verbaler Gewalt zu tun.

Es gab auch Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die verletzte Kolleginnen und Kollegen betreut und versorgt haben und einfach Hilfe brauchten. Ich musste die Menschen am Telefon beruhigen und schnell überlegen, wen ich wohin schicke. Ich glaube, ich habe noch nie so viel geredet wie in diesen Tagen.

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie beim Einsatz körperlich oder verbal angegriffen werden?

Ich fühle mich unverstanden und traurig. Ich bin ein Mensch in Uniform. Das ist eine Rolle. Ich weiß aber auch, dass sich das meistens nicht gegen mich als Person richtet, sondern einfach gegen die Rolle der Bundespolizei oder gegen den Staat. Deshalb versuche ich, mir solche Angriffe nicht zu Herzen zu nehmen.

 

Was hilft Ihnen, damit Sie anderen helfen können?

Meine durch und durch positive Lebenseinstellung. Mein Glas ist immer halb voll. Ich kann dankbar sein, dass es mir so gut geht, dass ich meinen Beruf ausüben kann, dass ich eine Familie habe, dass ich jeden Morgen aufstehe und mich einfach freue, dass dies mein Leben ist.

 

Und warum ist Respekt gegenüber Bundespolizistinnen und -polizisten wichtig?

Die Bundespolizei ist eine Institution, die Vertrauen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei schaffen will. Wir sind auf das Vertrauen angewiesen, das uns die Gesellschaft entgegenbringt. Respekt für das Gegenüber gehört für mich einfach dazu. Soziale Regeln wie ein toleranter, freundlicher und respektvoller Umgang miteinander sollten immer eingehalten werden.

 

Was würden Sie den Bürgerinnen und Bürgern in einem ruhigen Moment manchmal gerne sagen?

Ich bin Frau, Mutter, Tochter – und trotzdem Polizistin. Ich trage eine Uniform, aber ich bin auch ein Mensch. Den Respekt, den ich anderen entgegenbringe, möchte ich auch selbst erhalten. Ich muss mich in meinem Beruf durchsetzen können, das bringt die Rolle mit sich. Trotzdem möchte ich als Mensch wahrgenommen werden, auch wenn ich eine Uniform trage.

 

Wenn Sie sich etwas von den Bürgerinnen und Bürgern wünschen könnten, was wäre das?

Ich würde mir mehr Verständnis und eine gesunde Konfliktkultur wünschen. Dass man friedlich miteinander kommunizieren, aber auch diskutieren kann. Das Anerkennen anderer Meinungen muss möglich sein. Und, dass man in Diskussionen sachlich bleibt und nicht persönlich wird. Ich wünsche mir, dass sich die Bürgerinnen und Bürger als Teil der Gesellschaft sehen, nicht immer nur als Individuum. Und: mehr Offenheit!

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